Owê dir, Welt, wie übel dû stêst!
waz dinge dû alz an begêst,
diu von dir sint ze lîdenne ungenaeme!
Dû bist vil nâch gar âne scham.
got weiz wol, ich bin dir gram:
dîn art ist elliu worden widerzaeme.
Waz êren hâst uns her behalten?
nieman siht dich fröiden walten,
wê dir, wes habent diu milten herze engolten?
für diu lopt man die argen rîchen.
Welt, dû stêst sô lasterlîchen,
daz ichz niht betiuten mac.
triuwe und wârheit sint vil gar bescholten:
daz ist ouch aller êren slac.
Walther von der Vogelweide (1168-1228)
Transcription : Eugen Thurnher
Weh dir, Welt, wie schlimm steht es mit dir!
Was du immer und immer wieder tust,
ist nur mit Ekel zu ertragen!
Du bist fast ohne Scham.
Gott weiss genau, wie ich dir zürne:
dein ganzes Wesen ist mir widerwärtig geworden.
Was hast du noch an Verlockendem zu bieten?
Keiner sieht dich Freuden spenden,
wie es in früheren Zeiten war.
Ach, wodurch haben die gütigen Herzen das verdient?
Statt ihrer rühmt man die reichen Geizhälse.
O Welt, es sieht so schändlich auf dir aus,
dass ich es nicht beschreiben kann.
Treue und Wahrhaftigkeit sind masslos beschimpft:
das aber ist das Ende jeglicher Würde.
Malheur à toi, monde, comme tu es mal !
Ce que tu fais toujours et toujours,
ne peut être supporté qu'avec dégoût !
Tu es presque sans honte.
Dieu sait très bien comme je suis en colère contre toi :
tout ton être m'est devenu répugnant.
Qu'as tu encore à offrir de tentant ?
Personne ne te voit offrir des joies,
comme c'était le cas autrefois.
Oh, comment les bons cœurs ont mérité cela ?
A leur place, on célèbre les riches avares.
Oh monde, tout a l'air tellement ignoble,
que je ne puis le décrire.
Fidelité et sincérité sont insultées sans limites :
mais ceci est la fin de toute dignité.
(Stiasny Verlag Band 44, 1959)